Eugène Delacroix‘ Todestag

Eugène Delacroix, Spiegelungen. Tasso im Irrenhaus.

 

 

Zum heutigen Todestag des Malers Eugène Delacroix (1798-1863) bringen wir die Rezension eines wunderbaren Ausstellungskataloges, der auch nach Ende der Schau Bestand hat.

 

CHARLES BAUDELAIRE war ein Fan des Malers Eugène Delacroix. »Delacroix’ Einbildungskraft!«, jubelte der Pariser Bohèmien in seiner Kunstkritik und schrieb weiter: »Niemals hat Furcht diese angewandelt, die steile Höhe der Religion zu erklimmen; der Himmel gehört ihr, wie die Hölle, wie der Krieg, wie der Olymp, wie die Wollust. Er ist wahrhaft das Muster des Dichter-Malers! Er ist einer der seltenen Auserwählten, und die Weite seines Geistes umfasst die Religion als einen ihm zugehörigen Bereich. Seine glühende Phantasie gleicht einer Totenkapelle, lodernde Flammen, purpurne Inbrunst überall.«

 

Die schweizerische Sammlung Oskar Reinhart ‚Am Römerholz’ in Winterthur, eine Institution des Schweizer Bundesamtes für Kultur, veranstaltete im vergangenen Jahr eine wahrlich außergewöhnliche Ausstellung. Außergewöhnlich in Niveau und Zusammenstellung, außergewöhnlich in bezug auf den Blick auf das Besondere. Zeitlose. Initiiert wurde die Ausstellung zu Eugène Delacroix mit dem Titel »Spiegelungen – Tasso im Irrenhaus« durch die Sammlung, die der Winterthurer Kaufherr Oskar Reinhart (1885-1965) zusammentrug.

 

ALLEN WAR EINES GEMEIN. Baudelaire war nicht zufällig von Delacroix begeistert. Delacroix’ Genie lag in der Darstellung von seelischer Stille, vom kontemplativen Moment. So ist es sein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen, das ihn mit seinem späteren Sammler Reinhart und dem dandyistischen Bewunderer Baudelaire verband.

 

Eugène Delacroix – Spiegelungen. Tasso im Irrenhaus. Ausstellungskatalog von Margret Stuffmann, Hirmer Verlag 2008.

 

The John Institute presents

Das John Institute präsentiert eine Veranstaltung, die sich auf die Suche nach dem Dandy begibt. Hier der Text des Institutes:

A Last Flare-Up of Heroism Before Decadence
An evening in the park
Elisabeth Bronfen & Beat Wyss, Christodoulos Panayiotou,
Gregory Markopoulos, Silvie Zürcher Pavillon im Platzspitz-Park, Zürich
15. August 2009, 17.00 Uhr.

Innerhalb der Diskussion über männliche Geschlechterrollen in der Kunst ist es den Organisatoren von The John Institute ein wichtiges Anliegen, die theatralische, soziale Rolle des Dandys zu befragen. Gibt es die Stilfigur des Dandys überhaupt noch? Der Kunsthistoriker Beat Wyss bezweifelt dies schon seit längerem. In einer Gesellschaft, deren einzige Konvention die des Konsumierens zu sein scheint, hat der Dandy, wie man ihn als Stilfigur aus dem Fin de Siècle kennt, seine Existenzgrundlage verloren: das kokette Spiel mit den strengen Codices der High Society und deren Aneignung ohne finanziellen Mittel.

Während der Dandy in dieser Zeit – in Romanen wie Joris-Karl Huysmans „Gegen den Strich“ oder Jules Barbey d’Aurevilly „Über das Dandytum“ – zu einem bekannten Rollenmodell eines elitären männlichen Stils vornehmlich im Bereich der Literatur avancierte, könnte seine Neuauflage viel eher im Feld der Zeitgenössischen Kunst vermutet werden. Der heutige Künstler vollzieht oft einen akrobatischen Balanceakt zwischen unterbezahlter „Kreativarbeit“ und dem Edelchic des globalen Kunstbooms. So gesehen wäre die Figur des Dandys ein ständig neu erfundener kultureller Habitus, der jeweils in neuem
Aufzug in Erscheinung tritt.
Nach einem Jahrhundert Popgeschichte und Emanzipation kann das Verhältnis des einst bürgerlichen Dandys zur Figur der Diva nicht ausser Acht gelassen werden. Ist die Rolle der Diva etwa eine erfolgreiche, extrovertierte und nicht zuletzt weiblich konnotierte Variante des Dandys oder umgekehrt,
oder sind gerade die geschlechtsspezifischen Eigenschaften konstitutiv für diesen Typus?

Die Organisatoren haben als Veranstaltungsort den Pavillon des Platzspitz-Parks in Zürich ausgewählt. Der ehemalige Musikpavillon – ein Überbleibsel der Schweizerischen Landesausstellung 1883 in Zürich und beliebter historischer Treffpunkt – kann als idealer Ort für die Verknüpfung der Dandy-Debatte mit der Auseinandersetzung zeitgenössischer Künstler um heutige Rollenmodelle einer kulturell geprägten Stilfigur gelten (…)

Karl Lagerfeld als Coco Chanel

Zum Start des Kinofilmes über Coco Chanel hat die US-amerikanische Zeitschrift Harper’s Bazaar Karl Lagerfeld dandyesk interviewt: Er wurde gebeten, in die Haut von Coco Chanel zu schlüpfen und aus aktueller Perspektive dies & das zu beurteilen. Lagerfeld antwortete, – wie ein Dandy. Mit einer gehörigen Prise Ironie. Ein kleiner Auszug:

Harper’s Bazaar: Your clothing liberated women in the 1920s. Are you still a feminist?
Karl Lagerfeld als Coco Chanel: I was never a feminist because I was never ugly enough for that.
HB: What’s on your iPod?
CC: The Kills. They suit my character.
HB: What’s the new Chanel classic?
CC: As apparently my old jacket is still around, done by this idiot Karl, I have to help him find a new idea.


Dorian Gray neu verfilmt

Moviepilot meldet, dass Das Bildnis des Dorian Gray neu verfilmt worden ist: „Regie führte Oliver Parker, der mit Ernst sein ist Alles bereits 2002 ein Theaterstück des britischen Dichters verfilmte. Der Film spielt wie das Buch im viktorianischen London des späten 19. Jahrhunderts, wo der junge Lebemann Dorian Gray (Ben Barnes) in den Besitz eines Portraits seiner selbst gelangt, das fortan altert, während Dorian jung und schön bleibt. Auch Sünden und Unfälle hinterlassen ihre Spuren nicht weiter am Körper des jungen Mannes, sondern lassen lediglich das Portrait weiter und weiter verfallen. Dorian stürzt sich in ein maßlos dekadentes Leben, da seine Taten scheinbar keine Konsequenzen mehr haben (…)“

Das Bildnis des Dorian Grey ist Oscar Wildes einziger Roman. Er gilt als einer der erfolgreichsten Romane in der gesamten Literaturgeschichte. Allein die Zahl der deutschen Übersetzungen und Ausgaben ist unzählbar.
Moviepilot bringt den Original-Trailer zum Film. Die Kinoseite berichtet, der Film starte am 09.09.09 in den USA. Ein Europa-Termin stehe noch nicht fest.

Lagerfeld bringt die Wirtschaft auf Trab

Karl Lagerfeld macht sich über Vermögende lustig, die in Zeiten der Wirtschaftskrise geizig werden. In einem Gespräch mit der französischen Zeitschrift Le Figaro Magazine sagt der nach Forbes einflussreichste Deutsche:

„La crise économique est une bonne excuse pour les radins! Moi, je jette l’argent; il faut que ça sorte par la fenêtre pour que ça rentre par la porte. C’est cela qui peut faire marcher l’économie.“ („Ich schmeiße das Geld nur so raus; man muss es zum Fenster rausschmeißen, damit es zur Tür wieder reinkommt. So bringt man die Wirtschaft auf Trab.“)

Lagerfeld lud das Magazin ein in seine neue Wohnung am Quai Voltaire in Paris. Er erläuterte nicht nur seine Wirtschaftstheorie, sondern erzählte auch über seine Kindheit, sprach über Geschichtliches, Stil und Ästhetik. Die ausführliche Geschichte über das Gespräch trüffelte der Ästhet mit einem Selbstporträt.

Die ganze Geschichte über das Gespräch finden Sie hier:

Nix Chanel bei Ebay

Lagerfelds Dienstwagen

Riesen Sieg für Karl Lagerfeld. Nach seinem Besuch bei EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in Brüssel folgte sie der Auffassung des Europäischen Dandys: Bestimmte Verkaufsbeschränkungen, die Händler daran hindern, sich als Trittbrettfahrer das Marketing oder die Markenwerbung anderer zunutze zu machen, „können dazu führen, dass den Verbrauchern bessere Leistungen angeboten werden“, argumentierte sie. Die großangelegte Kampagne des Internet-Auktionshauses Ebay hat also nicht gefruchtet. Der US-amerikanische Konzern wollte am Umsatz von Luxusmarken partizipieren. Sie wird es jedoch auch weiterhin nicht im Internet billiger geben.

Bereits im Februar diesen Jahres war Lagerfeld mit seinem Tross dandylike in Brüssel eingeritten: Er ließ Kroes und ihren Stab eine Stunde warten, fuhr durch den Sicherheitsweg direkt ins Gebäude und kam ihrer Bitte nicht nach, danach an einer Pressekonferenz teilzunehmen.

Die Überlegenheit des Dandys den Mächtigen gegenüber ist darin begründet, dass er sich nicht auf einen Machtkampf einlässt. Er provoziert sie zu einem Machtspiel.

Photo: SupercarzHunter.blogspot.com/ GYZMO 7 flickr.com

In memoriam Sacha Guitry

Das Grab von Sacha Guitry auf dem Pariser Friedhof Montmartre

In memoriam Sacha Guitry, der heute vor 52 Jahren starb. Der französische Schauspieler, Filmregisseur, Drehbuchautor und Dramatiker wurde 1885 in Sankt Petersburg geboren.

Ernst Jünger schildert in seinem Tagebuch Strahlungen einen Besuch am 15. Oktober 1941:

„Mittags mit Speidel bei Sacha Guitry, in der Avenue Elysées Reclus. Vor dem Hause, auf städtischem Boden, steht die Büste des Vaters, des Schauspielers Lucien Guitry, und im Garten ein weiblicher Torso von Rodin, aufgewirbelt von höchster Lust. Zur Begrüßung überreichte Guitry mir eine Mappe mit je einem Briefe von Octave Mirbeau, Léon Bloy und Debussy – drei der Autoren, über die wir bei unserer ersten Begegnung gesprochen hatten. Und bat mich, diese Stücke in meine Sammlung einzureihen. Besonders das Blättchen von Bloy ist schön, mit persönlichen Bemerkungen und einer eigenen, monumentalen Schrift (…)

Bei Tisch. Der Salat wurde auf einem silbernen, das Eis auf massiv goldenem Geschirr serviert, das der Sarah Bernhardt gehört hatte. Wieder erstaunte mich die tropische Individualität, die sich vor allem in der Erzählung von Anekdoten, in denen seine Begegnungen mit Königen eine besondere Rolle spielten, entfaltete (…)“
Photo: Copyright DANDY-CLUB. All rights reserved

KARL LAGERFELD IST IN BERLIN!

…hier ein aktuelles Video vor seinem Hotel:

http://www.tikonline.de/video/detail.php?nr=56065&rubric=Videosection

Er bleibt nach Angaben des Feuilletons der Bild-Zeitung etwa eine Woche, um für eine Sonderausgabe der deutschen Vogue, die zu deren 30jährigen Bestehen im Herbst erscheinen wird, zu photographieren. Gestern war der Osten dran, heute der Westteil der deutschen Hauptstadt.

Stil und Individualität in einer individualisierten Gesellschaft

Was hatten Beau Brummell, Oscar Wilde und Andy Warhol gemeinsam? Wir rezensieren die neue Studie von Micheal R. Müller „Stil und Individualität – Die Ästhetik gesellschaftlicher Selbstbehauptung“ aus dem Münchner Wilhelm Fink Verlag.

Alle drei »boten ihrem Publikum ein aufwendig stilisiertes Erscheinungsbild«, schreibt Müller. Dieses Bild war jeweils der individuelle Versuch, in einer sich radikal modernisierenden Gesellschaft sich herauszuschälen, sich abzugrenzen. Allen drei galt die Gewinnung und Darstellung von Individualität als Lebensmaxime.

Beim Urdandy Beau Brummell (1778-1840) sieht Müller das ungewöhnliche Maß am Bemühen um Selbststilisierung, – gleich seiner beiden Nachfolger Oscar Wilde (1854-1900) und Andy Warhol (1928-1987). Brummell habe »das rustikale Erscheinungsbild des Gentleman« zu einer »von aller Alltagspragmatik bereinigten Ästhetik souveräner Persönlichkeit« weiterentwickelt. Lehrreich ist die Interpretation des Auftragsaquarells, das Richard Dighton 1805 von Brummell anfertigte. Es zeugt von selbstbewusster Distanziertheit des gutaussehenden jungen Mannes (Brummell war da 27 Jahre alt und dabei, sein Dandytum zu perfektionieren.), die jedoch nicht in Unfreundlichkeit abgleitet. Ein weiteres Novum in der bislang spärlichen deutschen Brummell-Literatur ist die Bezugnahme auf das englische Gentleman-Ideal. Entgegen landläufiger hiesiger Auffassung ist der Herr eben Gentleman aufgrund von Humor, Schlagfertigkeit, Intelligenz und Stilsicherheit. Vermögen oder familiäre Herkunft sollen hierfür keine Rolle spielen. Ohne dieses Ideal ist die Sozialfigur des brummellschen Dandys nicht zu verstehen. Die Unabhängigkeit, die den Gentleman ausmacht war es, die Brummell auf die Spitze trieb.

Lesenswert ist auch das sechste Kapitel »Aura der Unzulänglichkeit. Die emphatische Oberflächlichkeit Andy Warhols«. Nicht nur der Pop-Ikone Spiel mit Medien und Öffentlichkeit werden dargestellt und problematisiert. Sondern auch die Reflexion seines Produzierens, Äußerns, Verhaltens durch Öffentlichkeit und Medien und deren Wiederum-Aufnahme in das Eigene. Das macht es letztlich so schwer, das eine vom anderen zu trennen. Zugleich ist es essentieller Teil des Gesamtkunstwerkes ‚Andy Warhol’. Zahlreiche Fotos und Bilder von Warhol, die meisten stammen von ihm, begleiten den Text. Sie verdeutlichen Warhols Negation jedweder künstlerischen Autonomie und Kreativität.

Eine Schwäche der Untersuchung ist die Perzeption der jeweils analysierten Figur ausschließlich im Fenster ihrer Zeit. Bedeutsam wäre gerade bei den großen Selbstdarstellern, um nicht zu sagen Dandys, die Berücksichtigung von Rückblick, Interpretation und eventueller Berufung der Figuren auf ihre Vorläufer. So ist von Oscar Wilde bekannt, dass er sich mit Brummell beschäftigt hat. Otto Mann hat in seiner noch heute maßgeblichen Doktorarbeit bei Karl Jaspers »Der moderne Dandy – Ein Kulturproblem des 19. Jahrhunderts« (1926) geschrieben, der Dandy »will aufhören, an einer Zeit zu leiden, die er verachtet; er durchdenkt seine Machtmittel und faßt den Plan, die Gesellschaft durch ihre eigenen Gesetze zu schlagen«. Diese Gesetze waren im Regency, wo die Mode herrschte, andere als im prüden viktorianischen England Wildes. Hier bleibt die Untersuchung lückenhaft, sieht Müller beispielsweise nicht, dass Wilde anfänglich auch von vielen Londonern kopiert worden ist. Mann kommt zum Ergebnis, trotz gegensätzlichen ersten Anscheines habe Wilde das Dandytum im 19. Jahrhundert wiederbelebt. Die Gemeinsamkeit der drei Rollen ist deren Wille, »in einem Akt kultureller Realisation«, wie es Mann formuliert, »über die begrenzte Gültigkeit« ihres Ichs zu erheben. Dieses Selbst wird nun zum »Verwirklicher von Ideen, die an der Zeit sind für ein höher[es] Allgemeines«. So sind es möglicherweise die bislang nur punktuell analysierten Gemeinsamkeiten von Brummell, Oscar Wilde, Ernst Jünger, Karl Lagerfeld und anderen dandyesken Persönlichkeiten, die zukünftige Generationen beschäftigen werden.

Michael R. Müller: Stil und Individualität. Die Ästhetik gesellschaftlichr Selbstbehauptung. Wilhelm Fink Verlag 2009. 263 S., 39,90 Euro.

Die vollständige Rezension finden Sie hier:
http://webcritics.de/page/book.php5?id=2860

Vatikan rehabilitiert Oscar Wilde

Oscar Wilde wurde zu Lebzeiten als Schwuler und Päderast verfolgt. Das Zuchthaus brach ihn. Danach schrieb er nicht mehr, war letztlich nicht mehr lebensfähig. Nun kommt vom Vatikan erstaunliches Lob: Der Osservatore Romano, das offizielle Organ des Vatikans, beurteilt Wilde nun als „Ästhet und Liebhaber des Vergänglichen“. Die Zeitung preist seine „klare Analyse der verstörenden und der positiven Aspekte der modernen Welt“. Inspiriert mag der Artikel sein durch die Konvertierung Wildes zum Katholizismus auf dem Sterbebett. Sie wird in dem Arikel erwähnt. Der Osservatore Romano schreibt, man müsse Wilde neu einschätzen: „Er war nicht nur ein Nonkonformist, der die konservative viktorianische Gesellschaft zu schocken liebte“. sondern auch ein Mann, der hinter einer Maske der Unmoral sich immer gefragt hat, was gutes und was schlechtes Verhalten ist.“

http://www.vatican.va/news_services/or/or_quo/index.html