Philipp Tingler – Rate, wer zum Essen bleibt

Philipp Tinglers neuer Roman ist ein Bravourstück von Beobachtungsgabe





Philipp Tingler: Rate, wer zum essen bleibt
Roman. 208 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag und Leseband.
Kein & Aber 2019, 20 Euro.









Stellen Sie sich vor, Sie hätten wichtige Gäste eingeladen. Ihre Karriere stockt und heute kommt quasi Ihr Chef zum Essen. Kurz vorher klingelt es an der Tür – und jemand anderes hagelt herein. Und dieser Mensch soll alles durcheinander wirbeln.




Philipp Tinglers neuer Roman lässt sich kaum aus der Hand legen. Zu spannend, zu überdreht ist die Handlung. Franziska arbeitet an der Uni. Doch die Karriere stockt. Da eine für sie interessante Stelle frei geworden ist, denkt sie strategisch – und lädt den Dekan des Fachbereichs zu sich nach Hause ein. Leider kommt zuvor noch eine alte Schulfreundin ihres Mannes Felix vorbeigerauscht.




Und Conni Gold ist alles andere als pflegeleicht. Vor allem erschüttert sie in der Folge alle Anwesenden dadurch, dass sie stets ungefiltert ihre Meinung sagt. Ob dies jemand hören will oder nicht… Philipp Tingler erspinnt in seinem neuen Roman eine so haarsträubende wie realistische Geschichte, die man sich selbst nicht wünscht. Franziska hat alles für den Abend perfekt geplant. Doch dass noch jemand Uneingeladenes kommt, war nicht vorherzusehen.




Rate, wer zum Essen bleibt ist ein Dialog-Roman, der seine eigentliche Wirkung erst nach dem Lesen entfaltet. Denn die so voll unmögliche Conni Gold ist ja weder dumm noch hat sie einen schlechten Charakter. Sie ist halt ehrlich. Damit kommen wir zu Fragen des gesellschaftlichen Umgangs im Allgemeinen: Sind denn die übliche Oberflächlichkeit und Unehrlichkeit wirklich notwendig und angebracht?




Philipp Tingler wurde in Berlin-(West) geboren und lebt inzwischen in der Schweiz. Er ist Schriftsteller und Kritiker im Literaturclub des Schweizer Fernsehsenders SRF und beim SRF-Format Steiner & Tingler.




Rate, wer zum Essen bleibt ist ein schneller, frivoler Dialog-Roman, der vor Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis sprüht und dabei noch richtig Spaß macht.


Matthias Pierre Lubinsky