Max Liebermann, Reiter und Reiterin am Strand, 1903
Öl auf Leinwand, 72,5 x 101 cm
© Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln
»Max Liebermann am Meer« heißt eine Ausstellung, die den Berliner Dandy-Maler von eher unbekannter Seite zeigt: von der der Küste, des Meeres und den Dünen. In den vergangenen Jahren zeigte die Liebermann-Villa am Berliner Wannsee vor allem Bilder von Liebermanns so heiß geliebtem Garten, an dem er sich selbst nicht satt sehen konnte.
Nun also endlich einmal die See-Bilder, mit denen es doch ihre eigene Bewandtnis hat. Denn seit 1872 zog es den Maler immer wieder nach Holland, um an der Küste den Sommer zu verbringen. Die Orte Scheveningen, Noordwijk, Katwijk und Zandvoort hatten ihn in ihren Bann gezogen. Das Meer hat auf Künstler stets seine Wirkung; es waren jedoch zuerst die Menschen, von denen Liebermann beeindruckt war. Liebermann gilt nicht zuletzt als Dandy, weil er mit der Zeit, mit dem Jahrhundert und seinem rücksichtslosen Fortschritt, haderte. In Holland fand er die Vergangenheit und Beschaulichkeit, nach denen er sich sehnte. Denn Holland war im Vergleich zu Frankreich und Deutschland in der Industrialisierung etwa 50 Jahre zurück. So konnte sich der sensible Künstler berauschen an den traditionellen sozialen Strukturen, an den Gewerken und den mehrere hundert Jahre alten Häusern, in denen die freundlichen Menschen ihr bescheidenes aber nicht ärmliches Leben verbrachten.
In einem Brief an seinen Bruder Felix berichtet Max Liebermann 1879, wie beeindruckt er ist: »Ich möchte fast glauben, dass Ruysdal und Hobbema hier Studien gemacht haben. Jedenfalls ist der Charakter ihrer Bilder der hiesigen Gegend entnommen und inzwischen hat sich nichts geändert. Die Häuser stehen seit 250 bis 300 Jahren… Am Küchentisch sitzen Kuhirt, Mädchen, Knecht, Herrschaft alles beisammen und essen aus derselben Schüssel. Ales duzt sich wie eine große Familie. Armut gibt es hier nicht. Wie mein Wirt, der im Rat ist, mir erzählte, werden zwei Männer auf Armenkosten erhalten…«
Liebermann, der später mit seinen Strandansichten und Reiterbildern mit die bedeutendsten Bilder seines Werkes am Meer schuf, hatte zunächst große Probleme, die See zu malen. Zu sehr waren traditionelle Meer- und Schiffsbilder bekannt und künstlerisch besetzt. So ist interessant, dass Liebermann in den ersten Jahren an der holländischen Küste nicht das Meer darstellte, sondern Lotsen in ihrer Stube, wie sie auf ihren nächsten Einsatz warten oder Jungs im Schwimmbad. Erst später gelang ihm eine neue Sichtweise der See. Diese war inspiriert durch Malerbekanntschaften in Holland und den Impressionismus. Der Einfluss des Impressionismus erlaubte ihm quasi eine Überwindung der Romantik: Liebermanns Seebilder wurden wesentlich farbenfroher. Das grelle Sonnenlicht der holländischen Küste wurde zu ihrem Grundtenor, das sich in den anbrandenden Wellen weiß widerspiegelte.
Ausstellung und Katalog geben ein Zeugnis von Liebermanns Liebe zur See, seiner Entwicklung mit ihr und an ihr.
Die Liebermann-Villa am Berliner Wannsee ist heute öffentliches Künstlerhaus, Garten und zugleich Museum. Es ist das Haus, das sich Liebermann 1909 als Sommerhaus erbauen ließ. Er nannte es stolz sein »Schloß am See«. Hier fand der Freund von Walter Rathenau und Harry Graf Kessler die nötige Ruhe von der brodelnden Metropole. In dem fast 7000 Quadratmeter großen Garten entstanden mehr als 200 Gemälde. Der Garten ist heute so wiederhergestellt, wie Max Liebermann ihn damals unterstützt von dem Leiter der Hamburger Kunsthalle, Alfred Lichtwark, geplant hatte.
Max Liebermann am Meer.
Ausstellungen
noch bis 15. August 2011 in der Liebermann-Villa am Wannsee.
18. September 2011 bis 15. Januar 2012
Museum Kunst der Westküste, Alkersum/ Föhr.
Katalogbuch zur Ausstellung. Hirmer Verlag, München 2011. 140 Seiten mit 95 zum größten Teil großformatigen Farbabbildungen auf Photopapier, kartoniert, 34,90 Euro.
Max Liebermann, Strandbild Noordwijk,1911
Öl auf Leinwand, 65,3 x 61 cm
© Privatbesitz
Max Liebermann: Strandleben, 1916
Öl auf Leinwand, 66,5 x 80 cm
© Privatbesitz
Max Liebermann, Reiter am Strand, um 1911
Pastell, 16,5 x 30 cm
© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett
1 Kommentar
Ich finde, dass wenn man sich auf seine Bilder einlässt und beobachtet, welches Bild er wann gemalt hat, dann kann man auch als „Nicht Kunstkenner“ eine klare Entwicklung sehen. Und was mich noch mehr beeindruckt hat, dass ich die Tatsache, dass man sich irgendwie in diese Zeit zurück versetzt fühlt. Zumindest ging es mir so, als ich ein paar seiner Bilder sah. Man kann sich das Leben damals richtig gut vorstellen. Durch die schemenhafte Darstellung wird die eigene Phantasie angeregt und das finde ich toll.
Ich kann jedem geschichtlich interessierten Menschen nur einen Besuch bei einer Ausstellung mit seinen Bildern empfehlen.
Gruß
Michael R.