»Der schöne Mann« steht in großen Lettern auf dem Schutzumschlag. So heißt das Buch. Es lächelt uns ein – schöner – Rupert Everett an. Das wirkt recht plakativ. Dutzend Mal gesehen, denkt der nicht ganz anspruchslose Bücherkäufer. Und dann noch der Untertitel: »Playboys, Dandys, Lebenskünstler«. Erinnert sind wir unwillkürlich an den Untertitel von Günter Erbes Studie »Dandys«, der da lautet: »Virtuosen der Lebenskunst« und haben ein mulmiges Gefühl.
Doch halt! Dieser kombinierte Bild- und Textband bringt wesentlich mehr als er verspricht. Bereits der erste Abschnitt macht klar, dass sich Autor Joachim Kurz mit seinem Thema gründlich beschäftigt hat. Es bildet quasi die Klammer für als das Kommende: Beau Brummell und Karl Lagerfeld werden hier vorgestellt. Das ist klug und intelligent. Denn diese beiden bilden soetwas wie den Rahmen, schaut man heute auf das Dandytum. Brummell gilt als der Ur-Dandy, als der erste, der diese Lebensform konsequent zelebriert und sein gesamtes Sein darunter gestellt hat. Lagerfeld kann als der bedeutendste aktuelle Vertreter dieser seltenen Spezies gelten. Nicht zufällig beschäftigt sich dieses Blog ausführlich mit beiden.
Man freut sich, gleich in der Einleitung die Korrektur eines allgeneinen Missverständnisses zu finden, der Dandy wolle auffallen und sei ein Snob. Joachim Kurz schreibt: »Der Dandy aber war anders. Er verabscheute das Laute, das Grelle und die allzu auffälligen Extravaganzen der anderen eleganten Herren, sondern bevorzugte schlichte Eleganz (die freilich genauso viel Mühe kostet wie auffällige Kostümierungen), vollendete Manieren und einen rasiermesserscharfen Geist.« Danke für diese Klarstellung. Der Autor, Geschäftsführer des Internetportals www. kino-zeit.de fährt fort: »Zugleich kultivierte er die perfekte äußere Fassade auch als innere Haltung: Sein Ennui und seine Distanz zur Gesellschaft wurde zur geistigen Opposition, die sich von der aufkommenden Massengesellschaft und der krämerhaften Geschäftigkeit der industriellen Revolution abzugrenzen versuchte.« Richtig!
Weitere jeweils kurz porträtierte Dandys sind Oscar Wilde, Sebastian Horsley, der selbsernannte Dandy in der Unterwelt, Andy Warhol, Cary Grant, Rupert Everett, David Bowie und Morrissey. Jede Kurzbiographie ist pointiert, treffend und schält das Dandyistische heraus. So schreibt Kurz über den Maler Markus Lüpertz: »Der renitente Kunststudent sucht zunächst das Abenteuer und verpflichtet sich bei der französischen Fremdenlegion (wie Ernst Jünger, ist man geneigt hinzuzufügen) in Algerien, aus der er aber schon bald wieder flieht (wie Ernst Jünger) und nach Berlin zieht«. So sind es die Parallelen in den Lebensläufen der Dandys, die häufig erstaunlich sind. In diesem Buch hätten sie jedoch den Rahmen gesprengt.
Last but not least kann auch Kurz‘ Ausblick auf die Zukunft des Dandytums überzeugen. Auf den Spuren Baudelaires resümiert der Autor, die Chancen stünden nicht schlecht »für eine neue, nonkonformistische Dandy-Bewegung«.
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