„Hannes Kilian war“, schreibt Ralf Hanselle, „das Auge eines langen Jahrhunderts – eines, das oft so verrückt und atemberaubend war, wie die Zeichen, die es hinterlassen hat. Manchmal, da ist es Kilian gelungen, diese Verrücktheit auf einem einzigen Foto festzuhalten – mal wissentlich und wohl überlegt, mal eher zufällig und en passant. So ist es auch 1977 gewesen, als der 1909 in Ludwigshafen geborene Photograph im Schatten der zwei großen Türme des damals jungen World Trade Centers die geheimnisvolle Silhouette einer kleinen Kirche erblickte.
Auf einem aus Untersicht photographierten Schwarzweißbild fügt Kilian die drei Gebäude zu einer strukturbetonten Komposition zusammen: Neoromanische Rundbögen werfen ihre Schatten vor die damals höchsten Tempel der Postmoderne. Was im Entstehungsjahr 1977 noch ausgesehen haben mag, wie eine beiläufige Pointe der vielschichtigen Architekturgeschichte Manhattans, das entpuppte sich ein Vierteljahrhundert später als mulmiges Vorgefühl für 9/11: Die Insignien der alten Götter treffen auf die neuen Symbole eines religiös gewordenen Kapitalismus: Turm gegen Türmchen, Gott gegen Götze – wie ein erstes Prélude auf das längst lauernde nächste Jahrtausend …“
Hannes Kilian – Photographien 1937-1977
Eröffnung: Samstag, 9. November, 12-15 Uhr
in Anwesenheit von Gundel Kilian
Johanna Breede PHOTOKUNST
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