Edward Gorey – Das unglückselige Kind

Edward Gorey (1925-2000)
© The Edward Gorey Charitable Trust

 

 

 

 

Edward Gorey: Das unglückselige Kind
Aus dem Englischen von Clemens J. Setz.
64 Seiten mit 30 ganzseitigen Zeichnungen, Halbleinen, Fadenheftung,
Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2018, 15 €.

 

 

 

 

Edward Gorey war ein außergewöhnlicher Zeichner – und Mensch. Der Düsseldorfer Lilienfeld Verlag bringt den im deutschsprachigen Raum kaum bekannten, im angelsächsischen dagegen frenetisch geliebten Künstler in einer losen Folge wunderbarer kleiner Bücher in neuen Übersetzungen heraus.

 

 

 

Das unglückselige Kind heißt das jüngste der bibliophil gestalteten kleinen Bändchen von Edward Gorey, die der Düsseldorfer Lilienfeld Verlag in Deutsch herausbringt. Die Geschichte – bestehend aus 30 ganzseitigen Strichzeichnungen, die jeweils mit einer kurzen Unterzeile versehen sind – ist traurig. Charlotte Sophia ist ein kleines Mädchen, das in wohlhabendem Haus behütet aufwächst und dem dann viel Unglück widerfährt… Edward Gorey ist zu dieser kleinen grausamen Geschichte durch einen Film inspiriert worden.

 

 

 

Eine Seite aus dem Buch
© The Edward Gorey Charitable Trust/ Lilienfeld Verlag 2018

 

 

 

 

Gorey, im deutschsprachigen Raum nur Eingeweihten ein Begriff, wird in den USA und Großbritannien als ironischer Zeichner und Illustrator von Rang verehrt. Wer einen Sinn für Skurrilitäten, einen absurden Nerv für Humor hat, ist bei ihm gut aufgehoben.

 

 

 

Edward Gorey wurde 1925 in Chicago geboren, wo er auch aufwuchs. 1940 ging er nach Cambridge, wo er sofort den Ruf des Campus-Dandys weghatte: Gekleidet in einen langen Schaffelmantel und Turnschuhen, an den Fingern dicke Ringe, war er alles andere als ein typischer Erstsemester. Dazu gesellten sich seine hohe Intelligenz und schnelle Sprache. Vielleicht hatte er sich Oscar Wilde zum Vorbild erwählt.

 

 

 

Er befreundete sich mit dem später berühmt gewordenen Schriftsteller Frank O’Hara. Beide teilten nicht nur ihre künstlerischen Vorlieben, sondern kultivierten in ihrer gemeinsamen Suite einen dandyesken Salon, wo sie Marlene-Dietrich-Platten hörten und auf gemieteten Gartenmöbeln herumlungerten. In dieser Atmosphäre begann Edward Gorey mit seinen ersten Zeichnungen.

 

 

 

Das perfekte Geschenk für Menschen mit Hang zur Ironie:
Das wohlfeile Bändchen von Edward Gorey in Deutsch
© The Edward Gorey Charitable Trust/ Lilienfeld Verlag 2018

 

 

 

 

Gorey ging für einige Jahre nach Boston, wo er in einem Buchladen arbeitete. Nachdem er nach New York gezogen war, lernte er den legendären Verleger Jason Epstein kennen, der ihn überredete, die Titelbilder für eine neue Paperback-Buchreihe zu zeichnen. Seine Interpretationen von Neuveröffentlichungen klassischer Literatur fanden großen Anklang.

 

 

 

Zunehmend entwarf Gorey eigene kleine Geschichten voller skurriler Grausamkeit und Nonsens. Um die Ironie noch zu steigern, ließ er sich in mancher Geschichte selbst auftreten – als bärtiger Mann, eingehüllt in einem langen fleddrigen Mantel, der sich Notizen macht.    Edward Gorey starb im Jahr 2000 in seinem Haus auf der New Yorker Halbinsel Cape Cod, in dem sich heute ein Museum befindet, das an ihn erinnert. Der amerikanische Dandy hinterließ etwa 75 unveröffentlichte Manuskripte, die bereits typographiert und illustrationsbereit waren.

 

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2018