Jim Marshall – Johnny Cash

Johnny Cash vor dem Gefängnis
© Jim Marshall Photography LLC.

 

 

 

 

 

Jim Marshall: Johnny Cash.
At Folsom & San Quentin.
Deutsch, 144 Seiten mit 70 Abbildungen
Reel Art Press/BMG Books 2018, 49,95 €.

 

 

 

 

Johnny Cashs Gefängnis-Platten At Folsom Prison und At San Quentin haben in mehrfacher Hinsicht Musik-Geschichte geschrieben. Der Photograph Jim Marshall konnte die unglaublichen Konzerte dokumentieren. Nun – exakt ein halbes Jahrhundert später – erscheint ein außergewöhnliches Buch mit 70 Aufnahmen der Gefängnis-Shows.

 

 

 

Johnny Cash war total am Ende, bevor er Ende der 1960er Jahre auf die Idee kam, in einem der berüchtigten US-Staatsgefängnisse ein Live-Konzert für eine Platte aufzunehmen. In der Musikbranche galt er als tablettensüchtig, alkoholabhängig und äußerst unzuverlässig. Das alles war er auch. Cash ging sogar soweit, im Süden Tennessees in eine Höhle zu kriechen – um in Ruhe zu sterben.

 

 

 

 

Johnny Cash 1968 in Folsom Prison
© Jim Marshall Photography LLC.

 

 

 

 

1967 war der Countrymusiker dabei, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen. Neben einigen kommerziell nicht sehr erfolgreichen aber künstlerisch interessanten Konzeptalben sah man ihn nun wieder konzentriert und wohlgelaunt bei diversen Fernseh-Auftritten.

 

 

 

Der damalige Manager der Plattenfirma Columbia willigte nur widerwillig ein und gab dem Projekt eines Gefängnis-Konzertes keine kommerzielle Chance. Er sollte sich total irren. Als Johnny Cash am 13. Januar 1968 zusammen mit seinen Musikern das Folsom Prison, eines der berüchtigsten Zuchthäuser der USA betrat, schrieb er Musik-Geschichte weit über die Country-Musik hinaus. Cash hatte bereits in den vorhergehenden zehn Jahren in Gefängnissen gespielt, keines der Konzerte jedoch aufgenommen.

 

 

 

Die Idee allerdings, daraus eine Schallplatte zu produzieren, machte Cash schlagartig zu einem der größten Stars Amerikas. Die Live-Aufnahme wurde nicht nur von Country-Fans euphorisch gefeiert. In der gesamten Pop- und Rock-Musik gelten die Gefängnis-LPs heute als zwei der besten Live-Platten überhaupt. Der Erfolg der 1968 erschienenen At Folsom Prison war sofort derart durchschlagend, dass Cash ein gutes Jahr nach dieser Aufnahme, am 24. Februar 1969, ein weiteres Konzert im Gefängnis San Quentin in der Nähe von San Franzisco gab, um auch daraus eine Platte zu machen.

 

 

 

 

June Carter an der Gefängnismauer
© Jim Marshall Photography LLC.

 

 

 

 

Zu allen Auftritten bat er den Photographen Jim Marshall dazu. Beide kannten sich seit Anfang der 1960er Jahre, und Cash vertraute ihm. Cash störte sich niemals an seiner Anwesenheit oder daran, von Marshall auch in intimeren Momenten abgelichtet zu werden. Marshall war ein Teil der Band. Noch ein zweiter Faktor lies die herausragenden Photos möglich werden: Jim Marshall selbst sagte später über seine Arbeit bei den Gefängnis-Konzerten: »Es gab keine Einschränkung. Kein Arsch sagte mir, das darfst du nicht, dort hast du keinen Zutritt, dies ist nicht erlaubt. Ich war da und fotografierte. Niemand hat gesagt, das geht nicht. Nur so konnten diese magischen Bilder entstehen.« Und so entstanden die persönlichsten Aufnahmen von Johnny Cash, die jemals gemacht worden sind.

 

 

 

Die Photos von Jim Marshall dokumentieren die Leidenschaft und Ehrlichkeit von Johnny Cash gegenüber den Gefangenen, wie auch die aufgeheizte Atmosphäre. Cash in nächster Nähe auf der Bühne. Cash neben seiner Frau June Carter, sich eine Zigarette anzündend oder wie er den Häftling Glen Sherley auf die Bühne zieht, um zusammen mit ihm einen von Sherleys Songs zu singen. Sherley hatte das Lied in seiner Zelle geschrieben und wurde von dem gemeinsamen Auftritt völlig überrascht.

 

 

 

Jedes einzelne dieser 70 grandiosen Photos ist ein Dokument, das nicht nur Musik-Fans berührt. Legen Sie eine der Platten auf und betrachten Sie dabei diese magisch-grandiosen Bilder. Sie werden einen unvergesslichen Abend haben!

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2018