Markus Lüpertz in America

Markus Lüpertz, Satyr + Nymphe II | Satyr + Nymph II 2014
© Markus Lüpertz/VG Bild-Kunst, Bonn
Photo: © Jörg von Bruchhausen, Berlin
Aus: Markus Lüpertz, Sieveking Verlag 2017

 

 

 

 

Ausstellungen

Markus Lüpertz – Threads of History
Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, DC
noch bis 10.
September 2017

Markus Lüpertz
The Phillips Collection, Washington, DC
noch bis 3. September 2017

Begleitbuch

Markus Lüpertz
260 Seiten mit 173 Abbildungen, Englisch, gebunden in Leinen mit Titelprägung, Druck auf Seidenmatt-Papier, Sieveking Verlag 2017, 49,90 € (D).

 

 

 

Markus Lüpertz ist einer der bedeutendsten lebenden Künstler Deutschlands. In den USA ist der Maler und Dandy noch weitgehend unbekannt. Das wollen nun zwei Ausstellungen in Washington und ein Begleitbuch ändern.

 

 

 

Die Ausstellungen. Gleich zwei Schauen in der US-Hauptstadt Washington D.C. sollen den Nachholbedarf der Amerikaner in bezug auf Markus Lüpertz, also known as Malerfürst stillen. Beide begannen Ende Mai 2017 und laufen bis September. Threads of History (Fäden der Geschichte) nannten die Kuratoren des Hirshhorn Museums die erste Retrospektive von Markus Lüpertz in den USA. Sie fokussiert die die frühen Lüpertz-Gemälde der 1960er und 70er Jahre. Es sind die nachempfundenen Stadtstrukturen Babylons und Motive von Markus Lüpertz‘ Heimat Deutschland, mit denen er sich in Opposition zu den später als 68er bezeichneten Malern auseinandersetzte. Motive wie Stahlhelm oder Soldatenrock thematisieren die kriegerische Vergangenheit seines Vaterlandes. Das Gemälde mit dem Titel Westwall mißt zwölf Meter. Die Phillips Collection in derselben Stadt zeigt damit korrespondierend beinahe 50 Werke von den 1960er Jahren über die Donald-Duck-Serien, die dythrambischen Bilder bis zu diesem Jahrtausend.

 

 

 

Markus Lüpertz, Segelschiff | Sailing Ship 1967
© Markus Lüpertz/VG Bild-Kunst, Bonn
Photo: © Lothar Schnepf, Cologne
Aus: Markus Lüpertz, Sieveking Verlag 2017

 

 

 

Der Künstler. Markus Lüpertz wird 1941 in Liberec/Böhmen geboren. Mit sieben Jahren kommt er mit seiner Familie nach Westdeutschland. Von 1956 bis 1963 studiert er an der Werkkunstschule Krefeld und an der Kunstakademie Düsseldorf. 1962 zieht Lüpertz nach Berlin-(West), wo er die Selbsthilfegalerie Großgörschen 35 mitgründet. Entgegen der zeitgeistigen Abstraktion beginnt Lüpertz, gegenständliche Inhalte darzustellen. Seine expressiven Bilder bezeichnet er 1966 in einem Manifest als dithyrambische Malerei. Dionysos gilt in der altgriechischen Mythologie als Gott der Fruchtbarkeit.

 

 

 

In den Jahren von 1969 bis 1977 entstehen die Deutschen Motive, stillebenartige Bildkompositionen, die symbolbehaftete Gegenstände der Vergangenheit wie Stahlhelme, Schaufeln oder Fahnen in monströser Größe präsentieren und somit auf eigene Art eine Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit in Deutschland fordern. 1976 nimmt Lüpertz eine Professur an der Akademie in Karlsruhe an. Die zunehmende Abstraktion gibt er Anfang der 1980er Jahre zugunsten einer neuen Gegenständlichkeit auf. Lüpertz arbeitet in der Folgezeit mit sämtlichen Techniken der Druckgraphik. Er ist dabei auch Autor und Herausgeber einer artifiziellen Zeitschrift namens Frau und Hund. 1986 wird Markus Lüpertz an die Kunstakademie Düsseldorf berufen, die er von 1988 bis 2009 als Rektor leitet. Seinem Werk sind seit 1964 viele Einzelausstellungen gewidmet.

 

 

 

 

Lüpertz working in his studio on Akazienstrasse, Berlin, 1972–73
© Galerie Michael Werner
Aus: Markus Lüpertz, Sieveking Verlag 2017

 

 

 

Der Dandy. Markus Lüpertz ist Dandy im hier vertretenen Sinne eines hochgebildeten und reflektierten Gentleman in der Revolte. Sein dandyistischer Auftritt ist einerseits Abgrenzung vom herrschenden Mittelmaß. Andererseits Aufforderung, sich mit dem Geistigen dieses Künstlers zu befassen. In seinem hervorragenden Text im Begleitband zu den Ausstellungen stellt Peter Weibel den Ausnahmekünstler in eine Reihe mit Siegmar Polke, Baudelaire, Oscar Wilde, Walter Serner und Franz Blei. Zurecht stellt der Autor fest, daß der Dandy bestrebt ist, mittels der Kultivierung seines Äußeren, seines Witzes und Sarkasmus, sich als Kunstfigur zu erschaffen. »The dandy’s aim is to declare his existence unique. This radical existentiality is a responce that goes back to the courtly milieu, the age, oft he aristocratie.« Wer mehr erfahren möchte über Lüpertz‘ Sicht unseres Gemeinwesens, sollte sich das ein oder andere Interview auf Youtube ansehen.

 

 

 

Das Begleitbuch. Mit dem bibliophilen Künstlerbuch zeigt der noch recht junge Sieveking Verlag erneut, welch hoher Anspruch ihn treibt. Es ist mehr als ein Katalog, präsentiert es doch auf schwerem Mattpapier neben den ausgestellten Werken das vollständige Ausstellungsverzeichnis von Markus Lüpertz. Neben einem Grußwort des deutschen Botschafters in den USA führen mehrere Texte in Werk und Perzeption dieses außergewöhnlichen Œuvres ein. Dem Anlaß angemessen besitzt der gebundene Leinenband einen hochwertigen Schutzumschlag.  Prädikat: Sammelwürdig.

 

© Matthias Pierre Lubinsky 2017