Ein Ironiker vom Feinsten: Friedrich Nietzsche arrangierte dieses Bild mit Lou von Salomé und Paul Ree 1882
Rüdiger Schmidt-Grépály, Zur Rückkehr des Autors.
Gespräche über das Werk Friedrich Nietzsches.
128 Seiten, Leineneinband mit Acetatumschlag, L.S.D. Verlag 2014, 16 Euro.
Friedrich Nietzsche gilt als der bedeutendste deutsche Denker. Auf jeden Fall ist er der wichtigste Philosoph des 19. Jahrhunderts. Dennoch gibt es bislang keine Edition seiner Werke letzter Hand, also so, wie der Autor selbst sie wollte und bestimmte.
Das wollen der Göttinger Steidl Verlag und das Nietzsche-Kolleg in Weimar ändern und kündigen ein ungeheures Projekt an: Die Herausgabe des Gesamtwerks Nietzsches ‚letzter Hand‘. Doch damit nicht genug: Die bibliophile Edition wird in der ersten Abteilung sämtliche handschriftlichen Druckmanuskripte faksimiliert in Originalgröße bringen.
Zur Einstimmung auf das Projekt ist bereits Lernt mich gut lesen! erschienen. Nun kommt Zur Rückkehr des Autors. Ein Band, der vier Gespräche enthält, die der Gründer und Leiter des Kollegs Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar, Rüdiger Schmidt-Grépály, führte. Er unterhielt sich mit Johannes Korngiebel, Lehrbeauftragter an der Uni Jena, Peter Sloterdijk, Renate Raschke, Inhaberin des Lehrstuhls für die Geschichte des ästhetischen Denkens an der Humboldt-Universität zu Berlin und mit Bazon Brock, der nun einen intellektuellen Think Tank in Berlin-Kreuzberg leitet.
In der Neu-Ausgabe des Werkes gehe es darum, so schreibt Schmidt-Grépály, quasi Nietzsches philosophisch-literarisches Testament zu vollstrecken. Nietzsche ahnte vor seinem Tod, dass es ihm nicht mehr gelingen würde, das Werk in seinem Sinne zu vollenden. Den Ecco Homo konnte er selbst nicht mehr herausgeben, das autobiographische Buch erschien erst 1908 – acht Jahre nach seinem Tode. Die Editionsgeschichte von Nietzsches Werk ist die Geschichte von Zensur, Manipulationen und Interpretationen.
Der Gesprächsband zeigt verschiedene Facetten von Nietzsche, der eben nicht nur Denker, Philosoph oder Pessimist gewesen ist. So stellt ihn Bazon Brock in eine Reihe mit Baudelaire, Verlaine, Rimbaud und Lautréamont, die sich ebenso früh aus dem irdischen Leben verabschiedet haben: »Ich für meinen Teil halte das«, sagt Brock, »was sich da als Widerruf oder Bekehrung oder wie auch immer abzeichnet, weder für eine außerordentliche Entgleisung noch für eine merkwürdige Abirrung, sondern für das Resultat des Selbstversuchs«.
Kaum ein Autor nötigt seinen Leser so intensiv zum Selbstversuch wie Nietzsche. Dieser kleine Gesprächsband ist ein intellektuell wohlfeiler Appetizer für die da kommende Nietzsche-Ausgabe Letzter Hand.