Stefan George – Abschluss der Gesamtausgabe

Stefan George (1868 – 1933), 1910

 

 

Zum 145. Geburtstag Stefan Georges stellt der DANDY-CLUB den letzten Band der neuen Gesamtausgabe vor.

Stefan George, Schlussband der 18-bändigen Gesamtausgabe.
Klett-Cotta 2013, 140 Seiten, geprägter Leinenband mit Schutzumschlag, 25 Euro.

 

Als am 12. Juli 1934 der Schlussband erschien und als 18. Band die große Werkausgabe Stefan Georges abschloss, fand der wenig Beachtung. Dabei waren dem Buch monatelange Diskussionen unter dem George-Kreis vorausgegangen. Sie schienen zwischenzeitlich beinahe endlos zu werden. Und sie müssen den Verleger Georg Bondi zur Verzweiflung gebracht haben.

Bis Spätherbst 1933 waren bereits 17 Bände der Gesamtausgabe erschienen. Die Zahl musste Eingeweihten klarmachen, dass zumindest noch ein Band ausstünde, war doch der Meister, wie sich George von seinen Schülern nennen ließ, ein Anhänger der Zahlenmagie, die die Zahl 17 ausschloss.

Der Verleger Bondi hatte viel Ärger mit den letzten Bänden, wurde doch die Papierversorgung nach Hitlers Machtübernahme Anfang 1933 aufgrund der Wirtschaftskrise immer problematischer. Deshalb machte er bei seinem Autoren Druck und mahnte die letzten Manuskripte an. So konnte der vorletzte Band Tage und Taten im November 1933 erscheinen. Doch George befand sich auf einer ausgedehnten Reise in der Schweiz. In Minusio erkrankte er schwer. Für den Abschlussband konnte er mutmaßlich nichts mehr tun. Stefan George starb am 4. Dezember 1933.

Im Januar begann die lebhafte Diskussion seiner Jünger über den Inhalt des letzten Bandes. Liest man die umfangreiche Korrespondenz zwischen Erben, Nacherben und dem Verleger, so gebührt Georg Bondi Anerkennung ob seiner Geduld. Allein um den Titel des symbolträchtigen letzten Bandes entspann sich eine langwierige Debatte. Nach wochenlangem Austausch hatte man sich auf den Titel und Inhalt als »Schlussband« geeinigt. Verworfen wurde, das Gesamtwerk abzuschließen mit einer Ikonographie, einem Registerband, einer Bibliographie oder einer Anthologie.

Die gut erhaltene Korrespondenz der Freunde dokumentiert, wie intensiv über die Aufnahme jedes einzelnen Textes diskutiert worden ist. Alle Beteiligten machten es sich wahrlich nicht leicht und suchten in ihren Entscheidungen, dem Willen ihres Meisters zu entsprechen.

Nun ist der Band bei Klett-Cotta in dieser Form neu herausgegeben worden. Auch er schließt damit die Gesamtausgabe ab, deren Edition sich über einen Zeitraum von beinahe 30 Jahren erstreckte. Dem Wunsch Georges entsprechend enthält er auch frühe Jugendarbeiten und Übertragungen aus den Jahren 1883 bis 1902. George verstand sich in seinen Anfangsjahren auch als Dramatiker und wollte daher auch diese Drama-Versuche in die Ausgabe Letzter Hand eingebunden sehen.

Als Motto über dem Schlussband könnte der letzte Vers des darin enthaltenen Weihespiels »Die Aufnahme in den Orden« stehen. Der Chor spricht:

Kein stern und kein jahr
Vernichtet den geist
Allmächtig so wahr
Er noch wundert und preist.
Der kreis ist der hort
Der trieb allen tuns
Ein hehres wort
Verewigt uns!