Johann Christian Reinhart, Tiberlandschaft bei Acqua Acetosa, 1808
© SHK/Hamburger Kunsthalle/bpk, Photo: Elke Walford
Johann Christian Reinhart – Ein deutscher Landschaftsmaler in Rom.
Ausstellung in der Neuen Pinakothek München 21. Februar – 26. Mai 2013.
Katalog im Hirmer Verlag 2012, 380 Seiten mit 360 Farbabbildungen, 39,90 Euro.
Wie so viele andere Künstler in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so zog es auch den Maler Johann Christian Reinhart (1761 – 1847) im Jahr 1789 nach Rom. Zuvor hatte sich Reinhart in Leipzig und Dresden ausbilden lassen, unter anderen von Adam Friedrich Oeser. Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen hatte ihn an seinen Hof geholt. Der junge Maler jedoch wollte das italienische Licht darstellen.
Nachdem die erste umfassende Retrospektive Reinharts in der Hamburger Kunsthalle zuende gegangen ist, ist sie nun in der Neuen Pinakothek in München zu sehen (21.2. – 26.5.2013). Gezeigt wird mit 35 Gemälden nahezu das gesamte erhalten gebliebene malerische Werk. Außerdem 90 Zeichnungen, 30 Aquarelle und 75 Radierungen. Auch Reinharts bissige politische Karikaturen werden gezeigt. Viele dieser Werke sind erst in den vergangenen Jahren wiederentdeckt und erforscht worden.
Schon in frühen Jahren schuf Reinhart bedeutende Werke der klassizistischen Landschaftsmalerei. Und bereits in seinem Frühwerk zeigt sich sein Interesse an der genauen Beobachtung der Natur und ihrem detailgetreuen Portrait. Für Herzog Georg I. von Sachsen-Meiningen malte er einen Zyklus von Ansichten des Rheintales, die zu den frühesten realistischen Darstellungen dieser Landschaft gehören. Unter Kunsthistorikern wirft man Reinhart allerdings vor, er hätte sich in Italien nicht weiterentwickelt. Seine Gemälde würden Inhalt und Form der Zeichnungen nur fortsetzen, nicht jedoch vorantreiben. So sehen viele Reinharts Gemälde als im Klassizismus verharrend. Kenne man ein Gemälde von ihm, so kenne man alle – sagen Spötter.
Johann Christian Reinhart, Selbstbildnis im Halbprofil, 1786/89
Privatbesitz
In München kann sich nun jeder selbst ein Bild machen. Immerhin ist es die erste umfassende Retrospektive überhaupt. Reinharts Heimatstadt Hof an der Saale sind lediglich bislang zwei eher kleinere Ausstellungen zu verdanken. Sie fanden statt zum 200. Geburtstag 1961 und zum 250. Geburtstag des Künstlers 2011 und präsentierten vor allem Zeichnungen und Radierungen.
Die Retrospektive wird begleitet von einem umfangreichen Katalog mit allen ausgestellten Werken. Ein wissenschaftlicher Aufsatz vom Reinhart-Kenner F. Carlo Schmid erläutert Johann Christian Reinhart als Zeichner und Radierer. Hermann Mildenberger beschreibt die Beziehung des Malers zu Friedrich Schiller, dem er Gemälde widmete und dem er vielerlei Anregungen verdankt. In dem Handbuch-gleichen Katalog erfahren wir mehr über die Bildstruktur bei Reinhart und über seine vielfältigen Beziehungen zu anderen Künstlern in seinen Jahren in Rom, die ja die größte Spanne seines Lebens umfassen.
Nicht vergessen sollte der heutige Betrachter, in welcher Zeit die Werke Reinharts entstanden. So schreibt F. Carlo Schmid in seinem instruktiven Text: »Idyllen sind nie harmlos.« 1789 hatte die Französische Revolution Europa erschüttert – und Frankreich teilweise verwüstet. Zwei Jahre darauf hatte die französische Regierung die päpstliche Exklave Avignon annektiert. Ab 1792 überzog die Revolution Europa mit Krieg. Im Sommer 1796 hatte der auch Italien und den Vatikan erreicht. Im folgenden Jahr musste Pius VI. dann auf die oberitalienischen Teile seines Herrschaftsgebietes verzichten.
So kann der Besucher der Retrospektive in München die arkadischen Idyllen Reinharts auch als stillen Protest eines von Friedenssehnsucht getriebenen europäischen Romantikers lesen.
Johann Christian Reinhart, Blick von der Villa Malta in Rom nach Westen auf den Vatikan und St. Peter, 1835 © Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek München