Jeffrey Yang – Ein Aquarium – Gedichte auf Lesereise

Jeffrey Yangs außergewöhnliche Gedichte sind auf die ‚Hotlist‘ unabhängiger Verlage 2012 gesetzt worden

 

 

Jeffrey Yang, Ein Aquarium. Gedichte. Aus dem Englischen von Beatrice Faßbender, mit einem Vorwort von Eliot Weinberger. Berenberg Verlag, Berlin 2012, 96 Seiten, Broschur mit Fadenheftung, 19 Euro.

 

Dies Büchlein selbst ist ein gewaltiger Ozean. Der schmale Band mit den Übersetzungen der Gedichte von Jeffrey Yang ins Deutsche (auch die englischen Originale sind enthalten) hat nicht einmal hundert Seiten. Dennoch umfassen die Gedichte des US-Amerikaners alles, was im Meer lebt, mit dem Meer zu tun hat. Oder was man damit verbinden könnte.

Ein Wörterbuch des Ozeans. Die Gedichte sind alphabetisch sortiert. Auch der deutsche Band hält – nachvollziehbar – die Titel des englischen Originals bei. Das Buch beginnt mit »Abalone« und endet mi »Zooxanthelle«. Der Leser lernt Tiere und andere Lebewesen des Wassers kennen, von denen er zum Teil noch nie etwas zuvor gehört hatte. Über die, die er kannte, erfährt er, er dachte, er hätte sie gekannt. Jeffrey Yang holt Wissen aus der Tiefe des Ozeans, er lehrt uns ohne zu belehren. So erfahren wie über den Schwamm:

»Das Rätsel des Schwamms
bleibt noch zu ergründen. Sich selbst
ein Phylum, sind fossile
Schwämme, gefunden
im Phosphorit von Doushantuo,
die allerältesten der
multizellularen Tiere (…)
«

Eine Sprache, die singt. Jeffrey Yang schreibt nicht einfach nur Gedichte. Er komponiert in einer Sprachmelodie, die an Wellenbewegungen erinnert. An das leichte und so meditative Rauschen der Wellen am Sommerstrand. – Auch der Übersetzerin Beatrice Faßbender ist großes Lob zu zollen. Sie hat es verstanden, die Sprachfarbe, dieses sensible Meeresrauschen in den Kompositionen des englischen Originals, ins Deutsche hinüber zu transferieren. Eine Leistung.

Nicht ohne Ironie. Was die Sprachkunst des 1974 in Kalifornien geborenen Dichters weiter trüffelt, ist die leichte Prise Ironie, gepaart mit einer gewissen Überraschung. Der Leser fragt sich nach der Lektüre der ersten Gedichte, wo geht die Reise hin? Aktuelles wird nicht ausgespart:

»Die USA sind ein kleiner Fisch
mit falschem Kopf; oder ein großer Fisch
mit falschen Schuppen; oder ein Traum
vom perfekten Fisch,
der zum Alptraum wird (…)
«

Eliot Weinberger schreibt in seinem Vorwort der deutschen Ausgabe: »Yang führt (…) die Dichtung wieder auf ihre epischen und lyrischen Funktionen zurück. Episch: als ein Warenlager voller Information, gefüllt mit all dem, was eine Kultur von sich und der Natur, von den Göttern und anderen Menschen weiß. Lyrisch: als Feier und vernichtende Kritik zugleich, als Bewunderung der Welt und Empörung darüber, wie sie häufig ist.«

Ein lyrischer Hochgenuss!

Matthias Pierre Lubinsky


Die Termine der Lesereise durch Deutschland:

Montag, 26. November, 20 Uhr | Leipzig
Black Box im Café Neubau / KAFIC in der GfZK
Karl-Tauchnitz-Str.9-11, 04107 Leipzig
Eine Veranstaltung der Literaturzeitschrift Edit

Dienstag, 27. November, 20 Uhr | Berlin
Literaturwerkstatt Berlin
Knaackstraße 97, 10435 Berlin
www.literaturwerkstatt.org

Mittwoch, 28. November, 20 Uhr | Köln
Buchhandlung Klaus Bittner
Albertusstraße 6, 50667 Köln
www.bittner-buch.de

Donnerstag, 29. November, 19.30 Uhr | Frankfurt am Main
Literaturhaus Frankfurt
Schöne Aussicht 2, 60311 Frankfurt am Main
www.literaturhaus-frankfurt.de