Andy Warhol, Gunter Sachs (3), 1972
© 2012 Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc./
Artists Right Society (ARS), New York
Die Sammlung Gunter Sachs
Ausstellung
Museum Villa Stuck, München noch bis 20. Januar 2013
Katalog
Hirmer Verlag, München 2012, 160 Seiten, gebunden, 34,90 Euro.
Der Millionenerbe und Connaisseur Gunter Sachs war der wohl bedeutendste und einflussreichste deutsche Kunstsammler in den 1960er- und 1970er-Jahren. Eine Ausstellung in der Münchner Villa Stuck widmet sich Sammlung und Persönlichkeit von Gunter Sachs, der eher Dandy als Playboy war.
Ziemlich genau 45 Jahre nach der ersten Ausstellung von Werken der einstmals riesigen Kunst-Sammlung von Gunter Sachs am selben Ort schließt sich der Kreis: Die Münchner Villa Stuck zeigt noch bis zum 20. Januar 2013 die Ausstellung Die Sammlung Gunter Sachs – Von Max Ernst bis Andy Warhol. Präsentiert werden 90 Werke von einer Sammlung, die einst weit über 1000 Stücke umfasste.
Im Mai 2012 erbrachte die auf zwei Tage angelegte Versteigerung eines Großteils der Kunstsammlung insgesamt mehr als 51 Millionen Euro. Die vorherigen Schätzungen des Auktionshauses Sotheby’s waren damit weit übertroffen worden. Auktions-Chefin Cheyenne Westphal sagte: »Von der Ankündigung der Auktion bis zu ihrem Ende hat sich gezeigt, dass Gunter Sachs als eine der stilprägenden Personen der 60er und 70er Jahre gilt.«
So kommt die Ausstellung mit dem begleitenden Katalogbuch aus dem Münchner Hirmer Verlag nur recht, um Gunter Sachs endlich posthum vom boulevardesken Playboy-Image zu befreien. Der lebensfrohe Erbe fing zu einer Zeit an Kunst zu sammeln, als noch nicht russische Oligarchen die Preise verdorben hatten. Vielmehr hatten am Anfang der 1960er-Jahre die wenigen engagierten Sammler noch Kontakt zu den Künstlern. Gunter Sachs war ähnlich einem anderen Conaisseur Jahrzehnte zuvor, Harry Graf Kessler, von der Kunst, die er sich zulegte und förderte überzeugt. So wurde die Ausstellung 1967 in München zu einem radikalen und kompromisslosen Bekenntnis zur modernen Kunst, die in Deutschland noch längst nicht angekommen war. Sachs lädt den mit ihm befreundeten Künstler César ein, während der Ausstellungs-Vernissage eines seiner Expansionsobjekte zu kreieren. »Die Gästeliste ist vom Feinsten«, schreibt Otto Letzte in dem gelungenen Katalog, »- Otto Fürst von Bismarck mit seiner Frau, der französische Botschafter François Seydoux und nicht zuletzt die damalige Ehefrau Sachs‘, Brigitte Bardot – und alle warten gespannt auf Spektakuläres.« Und das passiert auch. César platziert auf dem Boden einen Bottich, der mit 60 Litern einer chemischen Substanz gefüllt wird. Nachdem der Künstler die Flüssigkeit mit einem Quirl umrührt, wird sie immer größer, bis sie ihn schließlich verschlingt. Die Zuschauer sind froh, dass das Spektakel endet, ohne dass auch sie in dem Brei verschwinden. Für die nötige Medien-Aufmerksamkeit jedenfalls war gesorgt.
Dennoch war das Engagement von Gunter Sachs kein Selbstzweck. Er hatte stets im Auge, die internationale Avantgarde, zuerst die französische, dann die New Yorker, nach Deutschland zu holen und seine Heimat aus dem artifiziellen Schlaf zu befreien. »Ihr sollt nicht Geldscheine anschauen, sondern Bilder«, mahnt er die Münchner Schickeria im Zusammenhang mit der Gründung des Art Museum Munich, das dann unter seinem federführenden Engagement aus dem Kunstverein hervorging.
Besonders beeindruckend stellen Ausstellung und Katalog die verschiedenen Wohnungen von Gunter Sachs dar. Deutlich wird, dass der Sammler die Kunstwerke nicht zur schnöden Wertsteigerung anhäufte, sondern mit ihnen lebte. So sind insbesondere die Photos eindrucksvoll vom Tower-Appartement in St. Moritz, dem Townhouse in Manhattan und von Sachs‘ Appartement in Hamburg: Ein Sinnästhet umgibt sich mit Kunst, mit der er täglich lebt und die sein Leben bereichert
In Zusammenarbeit mit der Familie von Gunter Sachs und dem Institut für Kulturaustausch in Tübingen präsentieren das Museum Villa Stuck und der Katalog bedeutende Werke , die mit den »Nouveau Réalistes« beginnen: Arman, Jean Tinguely, Raymond Hains. Besonders begeistert war Sachs von Jean Fautrier, der die Strömung des »Informel« begründete.
Ausstellung und Katalog würdigen den bedeutenden Sammler und Mäzen Gunter Sachs und tragen dazu bei, ihn endlich als den zu würdigen, der er war: ein Connaisseur und Kunstliebhaber, später selbst ein bedeutender Künstler von internationalem Format. Nicht nur die noch bestehende Sammlung, auch die
Persönlichkeit stellt ein für Deutschland herausragendes kunsthistorisches Vermächtnis dar.
Empfehlenswert ist der Katalog, denn er portraitiert in verschiedenen ausführlichen Texten die Sammler Persönlichkeit Gunter Sachs und sein einflussreiches Wirken. Aus heutiger Sicht war er maßgeblich daran beteiligt, Deutschland an das internationale Kunstgeschehen anzuschließen.
DANDY-CLUB: Katalog Must-Have! Ausstellung Must-See!
Gunter Sachs vor einem Werk von Jean Fautrier 1965
Photo: © Keystone
René Magritte, Colère des dieux, 1960
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012