Kevin Erskine, Supercell Harrison Nebraska 2009
Der DANDY-CLUB stellt einen atemberaubeden Photoband vor:
Kevin Erskine, Supercell. Englisch, 192 Seiten, Format etwa 28 x 39 cm, Leinen, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, 78 Euro.
Ihre Faszination liegt in ihrer Schönheit – aber wohl auch in der Gefahr, die sie ausüben: Stürme und extreme Unwetter.
Kevin Erskine, mit bürgerlichem Namen Erik Hijweege, betrachtete den ersten Sturm in seiner Heimatstadt Hoskins in Nebraska. Das war 1968, und er war da zwölf Jahre alt. Der Tornado der Kategorie 4 tobte mit einer Geschwindigkeit von über 340 Kilometern in der Stunde über ihn hinweg. Seitdem lassen ihn die extremen Stürme nicht mehr los. Diese ungeheuren Naturgewalten faszinierten den Jungen derart, dass er sich die Kamera seines Vaters lieh und begann, die Schauspiele zu photographieren. Inzwischen ist Erskine längst ein professioneller Photograph. Nun fährt er mit seiner Großbildkamera zu den Naturschauspielen , um sie auf Photopapier zu bannen. Und wie ein Photograph, der etwas auf sich hält, – macht er es analog. Von den Auswüchsen der Digitalphotographie hält der Amerikaner nicht viel. Viele Bilder seien heute mittels Photoshop so stärk verändert, dass sie mit ihrem Objekt kaum noch Ähnlichkeit hätten, sagt er. Eine Ausstellung in der Witzenhausen Gallery in New York (noch bis zum 3. Dezember 2011) wird begleitet von einem atemberaubenden Buch mit dem Titel »Supercell« aus dem Hatje Cantz-Verlag, dass glücklicherweise auch im deutschsprachigen Raum lieferbar ist. Das riesige und über 2,5 Kilogramm schwere Mammutbuch ist so außergewöhnlich, dass es sogar auf die Internetseiten von Yahoo und GMX geschafft hat.
Erskine hat ein spezielles Jagdgebiet, die sogenannte Tornado Alley. Hier prallen gegensätzliche Luftmassen aufeinander: Aus Kanada und den Rocky Mountains kommt die kalte und trockene Luft, aus dem Golf von Mexiko die heiße, feuchte und aus der Sonora-Wüste heiße aber trockene Luftmassen. »Und dann haben wir eine Party«, sagt Erskine.
Der Photograph betont allerdings, dass er nicht zu den so genannten Storm Chasern gehört, Menschen, die den Tornados hinterherjagen und quasi süchtig nach der Lebensgefahr sind. Er suche nach der Schönheit im Sturm, meint er im Interview. Auch wenn es auf seinen riesigen Aufnahmen so wirkt, als stünde er direkt vor oder unter dem Tornado, so entsteht dieser Effekt durch seine Objektive mit extremem Weitwinkel, die das Unwetter näher erscheinen lassen.
Dass die Kehrseite der natürlichen Schönheit die ungeheure Zerstörungskraft der Tornados ist, bezeugen seit Jahren die Nachrichten. Dabei ist es nicht der eigentliche Sturm, der bedrohlich ist, sondern die Blitze. Erskine nutzt Hightech-Equipment, um den Weg eines Sturmes vorauszuberechnen. So erkennt der Fachmann eine Superzelle an ihrer Rotation, die auf den Radarbildern zu sehen ist. Die Superzelle, die dem Band seinen Namen gegeben hat, ist die seltenste Art eines Unwetters, umso mehr ist Erskine bemüht, sie zu dokumentieren. Und einfach macht ihm die Natur es nicht: Um zu den beeindruckenden Bildern zu gelangen, fährt er nach eigener Aussage schon einmal 800 bis 1.000 Kilometer am Tag. Nur so könne er die perfekte Photo-Position erreichen.
Das Buch ist für alle Liebhaber von besonderen Natur-Schauspielen reizvoll, denn selten hat man die Möglichkeit, vergleichbar außergewöhnliche Aufnahmen in herausragender Druckqualität zu betrachten. Selbst für Sammler von Photobüchern, die schon viele Stücke besitzen, ist das Tafelbuch ein außergewöhnliches Geschenk.
Kevin Erskine, Supercell Billings Montana, 2007
Kevin Erskine, Lightning Bismark North Dakota, 2006