Lyonel Feininger
Ohne Titel (Bäume und Straßenlaterne bei Nacht, Burgkühnauer Allee, Dessau), 1928
© VG Bild-Kunst, Bonn 2011
Lyonel Feininger (1871-1956) gilt heute als einer der vielseitigsten Künstler der Moderne in Deutschland. Bisher bekannt waren seine figurativ-kubistischen Bilder, seine Karikaturen, Comics, Holzschnitte und Zeichnungen. Nun wird der deutsch-amerikanische Künstler auch als bedeutender Photograph entdeckt.
Die Ausstellung Lyonel Feininger. Fotografien 1928-1939 ist noch bis zum 15. Mai 2011 zu sehen im Berliner Kupferstichkabinett. Anschließend zeigt sie die Münchner Pinakothek der Moderne und von Ende Oktober an das Paul Getty Museum in Los Angeles. Lyonel Feiningers Eltern waren Musiker. Er wurde in New York geboren. Nachdem er mit seinen Eltern 1887 nach Hamburg gezogen war, begann er zu zeichnen. Viele Jahre lebte er von seinen Karikaturen, bis er mit seiner zweiten Frau 1906 nach Paris zog. Hier begann er, Gemälde herzustellen. 1908 zog das Paar nach Berlin. Feininger wurde 1919 von Walter Gropius als erster ‚Bauhaus-Meister‘ nach Weimar berufen. Bis 1925 leitete er die Druckwerkstätten. 1921 erschien eine Mappe mit Linolschnitten von Feininger als seine erste Bauhaus-Veröffentlichung. 1924 gründete er zusammen mit Paul Klee, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky die Ausstellungsgemeinschaft ‚Die Blaue Vier‘. 1937 flohen Feiningers nach New York. In Deutschland galt sein Werk als ‚Entartete Kunst‘.
Lyonel Feininger
Schönheitstrunkene, 1932
© VG Bild-Kunst, Bonn 2011
Feiningers Hinwendung zur Photographie Ende der 1920er Jahre war wohl seiner stetigen Suche nach neuen Inspirationen und Ausdrucksformen geschuldet. Auch wenn Feininger das Malen nicht aufgab, so war er doch zu dieser Zeit an eine Stagnation gekommen. Den transparenten, prismatischen Stil hatte er voll entwickelt. Das Experimentieren mit dem neuen Medium konnte ihm schöpferische Impulse geben.
Emblematisch intensiv sind Feiningers Nacht-Aufnahmen. Das sich in den Pfützen spiegelnde Licht der neu aufgekommenen Laternen versinnbildlicht die permanente technische Revolution im modernen Zeitalter. Dieses Pfützenlicht erinnert unwillkürlich an die Sehnsucht Walter Benjamins nach den Gaslaternen nach der Einführung des kalten elektrischen Lichts. Vielleicht sind Feiningers Photos so bedeutend geworden, weil er sie niemals verkauft oder weitergegeben hat. Er hat sie rein für sich gemacht und lehnte die Photographie als Kunstform anfänglich gar vehement ab.
Die bedeutende Ausstellung präsentiert 76 Vintage-Prints, von denen viele noch nie zu sehen waren. Sie ist ein Resultat des großen Projekts der Katalogisierung und Digitalisierung von etwa 18.000 Negativen und Dias, die sich im Feininger-Archiv befinden. Das Katalog-Buch zur Ausstellung dokumentiert sämtliche ausgestellten Photographien auf 150-Gramm-Papier. Laura Muir schreibt in ihrem werkbiographischen Essay, die Kamera habe Feininger einen Weg eröffnet, künstlerisch voranzukommen. »Er übernahm die frappierenden experimentellen Techniken, die Moholy propagiert hatte, ohne dabei die eigene Vision und sein künstlerisches Anliegen aus dem Auge zu verlieren. Auf diese Weise schuf er ein innovatives Œuvre, das raffiniert und modern, aber auch rätselhaft, expressiv und zutiefst persönlich ist.«
Lyonel Feininger
Ohne Titel
(Second Avenue El, aus dem Fenster der East 22nd Street Nr. 235 betrachtet, New York), 1939
© VG Bild-Kunst, Bonn 2011
Lyonel Feininger. Fotografien 1928-1939.
Kupferstichkabinett Berlin. Noch bis zum 15. Mai 2011.
Katalog zur Ausstellung:
Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, Text von Laura Muir, 152 Seiten, gebunden, Euro 29,80.
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