Sanssouci

Der bibliophile Schwarz-Weiß-Bildband macht Lust auf einen Besuch in Sanssouci



Schon mal ein Tipp für Weihnachten: Der bibliophile Schwarz-Weiß-Bildband in Duplexton ist das Resultat der langen Liebe eines Kunsthistorikers und eines Photographen zu Schloss und Park in Potsdam:
Helfried Strauß, Heinz Schönemann, Sanssouci – Skulptur im Park. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2010, 168 Seiten mit zahlreichen großformatigen Duplexton-Photographien, 36 Euro.


Die berühmte Gartenansicht von Schloss Sanssouci mit ihren Weinhängen gehört heute zu den häufigsten Emblemen von Potsdam und  der Umgebung Berlins. Unzählige Touristen lassen sich davor täglich photographieren. Früher waren es Postkarten, die man mit diesem Bild verschickte; heute werden mit dem Mobiltelephon unendlich digitale Abbildungen geschossen.

Diese inzwischen fast unwirtlich häufig reproduzierte Gartenansicht wurde aufgrund einer Anordnung Friedrichs des Großen von 1744 angelegt: Am Südhang des Bornstedter Höhenzugs sollte ein terrassierter Weinberg entstehen. Zuvor standen auf dem Hügel Eichen. Die wurden zu Zeiten seines Vaters, des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., gefällt. Man benötigte sie beim Ausbau der Stadt Potsdam für die Befestigung des sumpfigen Bodens.

In dem schönen Schwarz-Weiß-Bildband von Helfried Strauß und Heinz Schönemann ‚Sanssouci – Skulptur im Park‘ erfahren wir, dass die heutige Gestaltung von Schloss und weiträumiger Parkanlage auf viele Veränderungen zurückgeht, die der Alte Fritz nie zu Gesicht bekommen hat. Vor allem der Aus- und Umbau durch Friedrich Wilhelm IV. schuf eine Neugestaltung.

Aus der Bekanntschaft und späteren Freundschaft zwischen dem Kunsthistoriker Heinz Schönemann und dem Photographen Helfried Strauß entstand eine Symbiose – ein gegenseitiges Befruchten, Anreichern und Anregen. Das sichtbare Resultat ihrer Beziehung ist dieser Bildband, der tatsächlich etwas Besonderes ist. Mehrere Dutzend Schwarz-Weiß-Tafeln präsentieren großzügig Details, Skulpturen und Ansichten von Sanssouci, die vom geübten Blick des IN SANSSOUCI SEHENDEN zeugen.

Anspruchsvoll und intelligent beschreibt Heinz Schönemann in seinem einführenden kulturhistorischen Essay die Vorstellungen Friedrich des Großen – und die Veränderungen über die Jahrhunderte. Besonders gefällt an seinem Text das Einfühlungsvermögen des Bewusst-Wahrnehmenden: Der langjährige Mitarbeiter der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci vermag sich in die Besucher hineinzuversetzen. Sein Freund, der kongeniale Photograph formuliert es prologest so:

»(…) die Parkbesucher der Gegenwart kommen in ihrer Mehrheit in die Gärten, um spazieren zu gehen. Flanierend auf Wegen, deren lenkende Absicht ihnen häufig unbewusst bleibt, bewegen sie sich angeregt durch eine Welt gestalteter Gartenräume zwischen Standbildern, Figuren und Gruppen, auch wenn deren Zusammenhänge ihnen fremd geworden sind. Erfüllt von den Erlebnissen ihres eigenen Alltags richtet sich ihr Verlangen nicht an erster Stelle auf den Erwerb historischer Kenntnisse. Oft sind ihnen jedoch Erinnerungen geblieben von früheren Ausflügen mit Eltern und Lehrern oder kunsthistorischen Exkursionen.«

Friedrich II. hatte bei der Anlage seines Parks auf die Verbindung von Zier- und Nutzgarten allergrößten Wert gelegt. Er war der Auffassung, Kunst und Natur seien eine Einheit; ihre Trennung lediglich von Menschen gemacht. So ist es die Harmonie zwischen Mensch und Natur, die überhaupt das zentrale geistige Motiv Friedrichs für die Gestaltung seines ‚Weinberghäuschens‘ war. Hier wollte er in den Sommermonaten leben. Mit weitem Blick in die Landschaft – sans souci, also ohne Sorgen – die Schönheit des Lebens trotz der gleichzeitigen Regierungsgeschäfte zulassen.

Am 17. August 1786 starb Friedrich der Große im Sessel seines Arbeitszimmers im Schloss Sanssouci. Laut seiner Verfügung wollte er in einer Gruft neben seinen Lieblingshunden beigesetzt werden.

Der 1943 geborene Helfried Strauß hat über zehn Jahre in Sanssouci photographiert. Das bibliophile Resultat lebt aus der Substanz des Angeeigneten. Der in Deutschland  gedruckte Bildband besticht durch die schlafwandlerische Kenntnis des Ensembles: Hier haben zwei Kulturbürger ihre Heimat gefunden und lassen den Buch-Betrachter ganz unprätentiös teilhaben.