Er war der Dandy unter den Photographen: Jacques Henri Lartigue (1894-1986). Der Spross einer reichen Pariser Familie hatte es nicht nötig, Geld zu verdienen. Stattdessen konnte er den Sommer an der Cote d’Azur verbringen – und entspannte Photos machen. Er dokumentierte die frivole Entspanntheit der Schönen und Reichen ohne Karrieredruck. So entstanden unvergleichliche Aufnahmen. Dokumente von Müßiggang und Melancholie, die jetzt bis zum 22. August im Picasso-Museum in Münster zu sehen sind.
Der Reiz der etwa 170 Aufnahmen liegt in ihrer Unaufgergtheit. Heute schaut man bewundernd auf jemanden, der nichts beweisen musste. Ein weiterer Reiz ist die Dokumentation der Strände Südfrankreichs vor dem Massentourismus. Wie neidisch schauen wir auf den gepflegten Zeitvertreib der upper class. Die damen trinken Kaffee aus puren Silberkänchen auf der Terrasse des Grand-Hotels. Der Gentlemen fröhnen dem Wasserski oder Segeln. Eine Zeit – lange bevor Russen mit Geld um sich warfen.
Zuweilen trägt die Leidenschaftslosigkeit Lartigues Züge des Amateurhaften. So wenn er in Picassos Villa „La Californie“ dem Jahrhundertmaler begegnet, der sich gerade von einer befreundeten Medizinerin massieren lässt. Das den Macho zelebrierende Kraftpaket ist müde. Ein Motiv, das in die Photo-Geschichte hätte eingehen können. Lartigue macht hübsche Photos: Picasso mit Hut und in ironischer Pose. Die Dokumentation der Müdigkeit und damit die Entlarvung von Picassos Maskerade bannt er dagegen nicht auf Film.
Jacques Henri Lartigue: Cote d’Azur. Das Paradies auf Zeit.
Picasso-Museum Münster, bis 22. August 2010. Di–So, 10–18 Uhr.
http://www.graphikmuseum-picasso-muenster.de/ausstellungen/aktuelle_ausstellungen/cote_dazur_das_paradies_auf_zeit.html
Alle Photos: © Jacques Henri Lartigue. All rights reserved.
1 Kommentar
Bekomme richtig Lust, mir die Photos anzuschauen…