Drogenbefeuertes Gastmahl mit sexuellen Übergriffen

Dem Berliner Tagesspiegel erläutert Martin Wuttke seine Verbindungslinien von Platon über Goethes Faust zu Ernst Jüngers Grenzüberschreitungen mittels Drogen. Wuttke hat am Berliner Ensemble das von Jüngers Drogenerfahrungen inspirierte Stück inszeniert Das abenteuerliche Herz. Droge und Rausch.

Die nächsten Vorführungen sind übrigens Anfang Juli in dem brechtschen Traditionstheater.

Der „Ritus des drogenbefeuerten Gastmahls nebst sexueller Übergriffe, der das Denken in Paradoxien und die Geburt einer Sprache des Geistes vorführe“, interessiere ihn sehr, sagt Wuttke dem Tagesspiegel. „Die säkularisierte, proletige Form, die davon übrig geblieben ist, ist der Stammtisch, wo man besoffen der Serviererin auf den Hintern haut“, erläutert der Tatort-Kommissar. Die Zeitung berichtet: „Martin Wuttke ist in seinem Element, wenn er sich in derlei Assoziationsfuror stürzen kann. Mit sonorer Stimme referiert er über Jüngers literarischen Versuch einer Kulturgeschichte der Droge, dessen Treffen mit dem LSD-Erfinder Albert Hoffmann in der Schweiz, über die Gesellschaftsbeobachtungen zwischen den Weltkriegen – und die Absurdität, dass auch heute wieder junge Kriegsheimkehrer über die Friedrichstraße laufen, von deren traumatischen Erfahrungen jedoch niemand etwas hören wolle. Da spricht Wuttke, der Theaterintellektuelle, dem es freilich fernläge, mit den rechten Brandsätzen, die sich bekanntlich auch finden bei Jünger, zündeln zu wollen. Ihn reizen die Selbstbefragungen dieses Schriftstellers, die auch Heiner Müller schon fasziniert haben, einen seiner Theaterväter. Wuttke ist kein Freund der Anekdote, aber dass Müller, zu Besuch bei dem Insektenforscher Jünger in Wilflingen, fasziniert war von den Schubladen, in denen Käfer wie Armeekolonnen in Reih und Glied aufgespießt waren, das erzählt er dann doch mit hintergründiger Belustigung. Die Arbeit mit Heiner Müller, auch die mit Einar Schleef, sie wird durchaus fortwirken in Wuttkes Jünger-Abend ‚Das Abenteuerliche Herz: Droge und Rausch‘. Überhaupt scheint es in seiner künstlerischen Biografie keine überlebten Phasen zu geben, sondern nur andauernde Verweise, Traditionslinien, Übermalungen.“

http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Ticket;art2811,2807613

Photo. Buchcover Ernst Jünger Annäherungen – Drogen und Rausch.
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